Die Wildwasser-Schwierigkeitsskala

Die Wildwasserschwierigkeitsskala bewertet die Beschaffenheit des Wildwassers nach Fahrbarkeit und Risiken und unterteilt in sechs Stufen. Somit kann man einen Fluss nicht generell einer Wildwasserstufe zuordnen, sondern muss ihn abschnittsweise bewerten – wie es in den meisten Flussführern und Tour-Beschreibungen der Fall ist.

Stellenweise Abweichung des Schwierigkeitsgrades

Meistens sind alpine Flüsse im Oberlauf naturgemäß recht wild, da sie aus den Bergen durch enge Schluchten ins Tal strömen und laufen in der Ebene und vor allem zur Mündung meist ruhig aus. Doch auch auf leichteren Flüssen können immer mal wieder Wehre, enge Klammen oder Verblockungen zu plötzlich schwierigen Passagen führen. Daher sollten Tour-Beschreibungen genau gelesen werden und Abschnitte dem Können der Gruppe nach gewählt werden. Wo einzelne Stellen evtl. noch mit dem Kajak umtragen werden können, gibt es aber auch längere Schluchten mit unwegsamen Ufern, die ein sicheres Durchfahren unumgänglich machen.

Plötzliche Veränderung des Schwierigkeitsgrades

Auch variieren die Schwierigkeiten mit Zu- oder Abnahme des Wasserstands. Nach plötzlichem Regen kann ein harmloser Fluss innerhalb kurzer Zeit zu einem reißenden Strom werden, der kaum noch Kehrwässer zum Anlanden bietet. Manche Abschnitte sind wiederum bei Hochwasser leichter fahrbar, da starke Verblockungen dann überspült sind und enge Passagen ohne Steck-Gefahr oder Siphone möglich sind.
Somit gilt trotz aller Tour-Beschreibungen generelles Besichtigen und vorausschauendes Fahren, da sich das Flussbett durch Hochwasser und Unwetter stetig verändert. So kann durch einen Sturm über Nacht eine Stelle durch umgekippte Bäume oder verfangenes Geäst unfahrbar werden.

Wildwasser-Stufen

Die folgende Tabelle zeigt die internationale Beschreibung der Wildwasser-Stufen, kurz „WW“ gefolgt von der aufsteigenden Schwierigkeitsstufe 1-6, oft auch in römischen Ziffern I-VI angegeben.

StufeBewertungSichtWasserFlussbett
I (1)nicht schwierigfreie Sichtleichte Strömung, regelmäßige Wellen,
kleine Schwälle
keine oder einfache Hindernisse
II (2)mäßig schwierigfreie Durchfahrtenunregelmäßiger Stromzug,
unregelmäßige Wellen,
mittlere Schwälle,
schwache Walzen, Wirbel, Presswasser
einfache Hindernisse im Stromzug, kleinere Stufen
III (3)schwierigübersichtliche Durchfahrtenhohe, unregelmäßige Wellen,
größere Schwälle,
Walzen, Wirbel, Presswasser
einzelne Blöcke, Stufen,
andere Hindernisse im Stromzug
IV (4)sehr schwierigDurchfahrten nicht ohne weiteres erkennbar, Erkundung meist nötighohe andauernde Schwälle,
kräftige Walzen, Wirbel, Presswasser
Blöcke versetzt im Stromzug, höhere Stufen mit Rücksog
V (5)äußerst schwierigErkundung unerlässlichextreme Schwälle,
extreme Walzen, Wirbel, Presswasser
enge Verblockungen, hohe Gefällstufen mit schwierigen Ein- und Ausfahrten
VI (6)Grenze der Befahrbarkeitim Allgemeinen unmöglich befahrbar, bei bestimmten Wasserständen eventuell fahrbar, hohes Risiko

Quelle der Wildwasser-Tabelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wildwasserschwierigkeitsskala

Wildwasser-Angaben mit + und –

Oft ist in Touren-Beschreibungen hinter der Wildwasserstufe noch ein + oder – zu lesen, z.B. WW3+. Dies deutet darauf hin, dass die Stelle etwas schwieriger oder leichter als die angegebene Stufe ist, es aber nicht zur nächsten vollen Stufen-Klassifizierung reicht.
Wer sich also bei WW4 gerade noch im „Sattel“ halten kann und an seine Grenzen gerät, der sollte einen WW4+ gekennzeichneten Abschnitt sicherheitshalber meiden. Bei der Angabe WW4- kann er jedoch damit rechnen, dass die Stelle etwas leichter ausfallen wird.
Doch sind diese Angaben oft subjektiv. Ob eine Stelle nun WW3+ oder 4- ist, liegt meist im Auge des Betrachters und setzt sich aus den verschiedenen Gefahren zusammen…

Einschätzung der Gefahren

Auch wenn die Wildwasserschwierigkeitsskala eine allgemeine Unterteilung vorgibt, können die einzelnen Gefahrenquellen für jeden Paddler unterschiedlich stark ausfallen – insbesondere auch je nach Bauweise des Kanus.
Beurteilen sollte man daher:
– Fließgeschwindigkeit des Wasser
– Wasserwucht
– Verblockung und sonstige Hindernisse
– Breite des Flusses
– Beschaffenheit des Ufers

Beispiele: Ein sanft dahinfließender Fluss bietet trotz vieler Stein-Hindernisse keinen hohen Schwierigkeitsgrad, wenn diese problemlos umfahren werden können. Ebenso birgt ein schnellerer Fluss ohne Hindernisse kein hohes Risiko, wenn das Ufer problemlos (auch schwimmend) erreicht werden kann.
Hat man bei einem schnellen Fluss jedoch Hindernisse, die aufgrund der Fließgeschwindigkeit nur schwierig umfahren werden können, steigt somit die Schwierigkeitsstufe. Auch ist es bei einem sehr breiten Fluss recht schwierig aus der Hauptströmung zu gelangen, erst recht schwimmend nach einer Kenterung. Das Erreichen des Ufers kann vielleicht erst nach längerer Schwimm-Phase erfolgen, die einen Schwimmer ans Ende seiner Kräfte bringt oder flussabwärts weitere Gefahren wie Walzen und Siphone lauern. Zudem kann es in steilen Schluchten eventuell nicht möglich sein, am Ufer das Wasser zu verlassen.

All dies sind Faktoren, die vor Fahrtantritt, neben der allgemeinen Schwierigkeits-Einstufung, stets im Blick behalten und mit dem persönlichen Können und der Tagesform individuell abgeschätzt werden sollten.